Eintrag 242 vom: 24.03.09 um 16:38:42

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Name: Met (2)

Die Zeit heilt keine Wunden, Blätter wachsen ja auch nicht zusammen.

Von klein auf bin ich es gewohnt, das meine Blätter vollkommen makellos sind. Weiße, vollkommene, saubere Blätter. Als ich älter wurde, fing ich an, auf diese Blätter zu schreiben. Beim schreiben jedoch bekleckerte ich meine weißen Blätter… sie bekamen Flecken… Flecken, die ich versuchte weg zu wischen. Flecken, die mich und meine Welt veränderten, die mich lehrten.
Dann wurde mir ein Loch in mein Blatt gerissen. Ich verstand nicht. Wieso? Wie konnte das passieren? Ich war so aufgeschmissen. Mein Blatt, wie konnte mein Blatt ein Loch haben? Man sagte mir, Zeit heile alle Wunden, aber Blätter wachsen doch nicht zusammen! Ich war am Ende. Ich machte die Hölle durch. Der unbeschreibliche Schmerz des Verlustes traf mich hart. Ich war es gewohnt, makellose Blätter zu haben. Was waren schon Flecken? Wochenlang trauerte ich um das Loch, was mir das Leben zu einem einzigen Leid machte. Ich stürzte ab. Der Schmerz machte mich blind. Meine Tränen, die so endlos schienen, versiegten. Ich hatte das Gefühl zu verzweifeln. Irgendwann, nach einer Zeit die mir endlos schien, hob ich den Kopf. Es traf mich wie ein Schlag. Mir wurde bewusst, dass es nicht selbstverständlich ist, Blätter ohne Löcher zu haben; plötzlich war die Dankbarkeit da. Ich verstand, wie glücklich ich mich schätzen musste, um überhaupt ein Blatt zu haben, dass es nicht mehr Löcher sind…
Und da war die Glückseligkeit gleichauf mit der Trauer. In den Momenten, in denen ich so unendlich traurig bin, bin ich doch bewusst glücklich. Ein neues Gefühl machte sich breit: Die Angst, mehr Löcher rein gerissen zu bekommen, denn ich weiß jetzt, dass das nicht selbstverständlich ist. Und als ich in der Schule einen Weinanfall bekam und mir die Sekretärin sagte, es gebe nichts, was sich nicht klären ließe, wusste ich: Ja, nichts, außer den Tod. Nur der Tod ist endgültig; nur der Tod bietet keine Alternativen. Es gibt nichts Schlimmeres als den Tod; nichts Schlimmeres als Löcher in deinem Blatt.

Jetzt bin ich dankbar, jetzt schaue ich in die Gesichter der Menschen die mich umgeben und bin dankbar; ich wünschte ich könnte dich noch ein letztes mal mit der Dankbarkeit ansehen. Mit dir ist ein Stück Heimat verloren gegangen. Du fehlst so..

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